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Seit etwas mehr als zwei Jahren werden sog. „Reichsbürger“ unter medialen Dauerbeschuss genommen, jeder hat davon gehört doch niemand weiss, worum es sich dabei handelt. Seitens der Medien wird es stets tunlichst vermieden, eine exakte Definition dafür zu geben, was ein Reichsbürger denn eigentlich genau ist. Das hat uns veranlasst, den Begriff Reichsbürger unter die Lupe zu nehmen. Was wir auf unserer Reise durch die deutsche Rechts-Geschichte entdeckt haben, ist erstaunlich und dürfte selbst diejenigen überraschen, die sich für aufgeklärt halten.
Die letzten Reichsbürger
Mittlerweile herrscht in weiten Kreisen die Meinung vor, dass es Adolf Hitler war, der den Begriff des Reichsbürgers prägte. Und tatsächlich finden wir das vom „Führer und Reichskanzler“ der Weimarer Republik erlassene
Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935
Der Reichstag hat einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§ 1
(1) Staatsangehöriger ist, wer dem Schutzverband des Deutschen Reiches angehört und ihm dafür besonders verpflichtet ist.
(2) Die Staatsangehörigkeit wird nach den Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes erworben.§ 2
(1) Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, daß er gewillt und geeignet ist, in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen.
(2) Das Reichsbürgerrecht wird durch Verleihung des Reichsbürgerbriefes erworben.
(3) Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe der Gesetze.
Es waren also die Nationalsozialisten, die den Begriff des Reichsbürgers erfanden und die Verleihung dieses Titels von „deutschem oder artverwandtem Blut“ abhängig machten? Nein!
1000 Jahre Reichsbürgerschaft
Gräbt man tiefer in der deutschen Geschichte und insbesondere in der deutschen Rechtsgeschichte, so wird man finden, dass eine Reichsbürgerschaft so lange besteht, wie ein Deutsches Reich besteht: Also über 1000 Jahre lang.
Der Reichsbürger im Heiligen römischen Reich deutscher Nationen
Schon zur Zeit des ersten Deutschen Reiches, dem „Heiligen römischen Reich deutscher Nationen“ konnte ein allgemeines, jedem Deutschen zuständiges Reichsbürgerrecht oder Reichsindigenat neben dem Landesindigenate bestehen und bestand auch in der Tat mit bestimmten Wirkungen. Mit der Auflösung der alten deutschen Reichsverfassung durch Napoleon ging indes der Hauptinhalt des „deutschen Reichsbürgerrechtes“ – der reichsgerichtliche Schutz – verloren. (Quellennachweis: Rönne, Zorn – Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, Band 1, 1899, Seite 603)
Der Reichsbürger im Deutschen Bund
Bei der Gründung des vormaligen Deutschen Bundes im Jahr 1815 ging man dann mit der Absicht um, den Rechten der deutschen Untertanen eine ausgedehntere Anerkennung und den Schutz des Bundes gegen willkürliche Verletzung zu gewähren. Dies hatte jedoch schließlich kein weiteres Resultat, als dass in die Deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815 die in dem Artikel 18 derselben enthaltene Bestimmung aufgenommen wurden, welche auch wohl als „Bundesindigenat“ bezeichnet worden sind, dem aber der notwendigste Inhalt des Bundesbürgerrechtes und die Anerkennung seiner praktischen Bedeutung dergestalt fehlte, daß der Unterthan eines deutschen Bundesstaates in einem anderen Bundesstaate nicht anders behandelt wurde als ein außerdeutscher Ausländer. Dies lag in der Natur des Deutschen Bundes, der sich in Form eines Staatenbundes als loser Zusammenschluß der deutschen Staaten ausgestaltete sodaß mit der Bundesakte keine Möglichkeit bestand, in die hoheitlichen Rechte der Mitgliedstaaten des Bundes einzugreifen.
Der Reichsbürger in der Paulskirchenversammlung
Die von der Deutschen Nationalversammlung beschlossene deutsche Reichsverfassung vom 28. März 1849 wollte dagegen ein wirkliches „deutsches Reichsbürgerrecht“ mit bestimmten Befugnissen und Grundrechten einführen. Wollte, weil die sog. Paulskirchenverfassung nicht ratifiziert wurde und entsprechend nicht in Kraft trat. Mit dem Scheitern der Paulskirchenversammlung galten im Deutschen Bund die Landesgesetzgebungen fort – jeder deutsche Staat hatte sein eigenes Staatsangehörigkeitsgesetz. Das machte es schwierig, im Bund grenzüberschreitend gleiche Rechte für Angehörige deutscher Staaten zu schaffen. Die Fortdauer des Zustandes einer im wesentlichen von einander abweichenden Landesgesetzgebungen über den Gegenstand einer einheitlichen Rechtsstellung der Deutschen war indes auch vor allem auch mit den Bundesinteressen nicht vereinbar, die Verknüpfung der Reichsangehörigkeit mit der Einzelstaatenangehörigkeit erforderte vielmehr die Einführung einheitlicher Normen für den ganzen Bundesstaat.
Der Reichsbürger im Norddeutschen Bund
Bereits die Verfassung des Norddeutschen Bundes hatte denn auch hierfür Vorsorge getroffen, indem sie in ihrem Artikel 4 unter Ziffer 1 die Bestimmungen über „Staatsbürgerrecht“ unter diejenigen Gegenstände gestellt hatte, welche der „Beaufsichtigung seitens des Bundes und der Gesetzgebung desselben unterliegen“, welche Bestimmung demnächst auch in die Reichsverfassung von 1871 übernommen worden ist. Demgemäß musste die legislatorische Ordnung der Voraussetzungen, welche für den Erwerb und den Verlust der Eigenschaft als Angehöriger eines Einzelstaates maßgebend sein sollen, sowie die gesetzliche Regelung der Folgen, nämlich des Erwerbes und Verlustes, wie auch der Wirkungen der Reichsangehörigkeit der gesetzgebenden Gewalt des Reiches zufallen.
Diese letztere war daher berufen, durch Begründung eines wahren und vollen, mit der Reichsangehörigkeit sich deckenden Einzelstaatsbürgerrechtes ein wirkliches Reichsbürgerrecht zu schaffen. Aufgrund der Bestimmungen des Art. 4, Ziffer 1 der Verfassung des Norddeutschen Bundes ist das Gesetz des Norddeutschen Bundes vom 1. Juni 1870 über den Erwerb und Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit ergangen, welches an die Stelle der verschiedenen Territorialgesetzgebungen über den Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit ein einheitliches nationales Recht gesetzt und den Grundsatz an die Spitze gestellt hat, daß die Reichsangehörigkeit nur durch die Staatsangehörigkeit in einem Einzelstaate erworben wird. So wurde mittels Reichsangehörigkeit ein Reichsbürger mit einheitlichem Reichsbürgerrecht in allen Einzelstaaten geschaffen.
Der Reichsbürger im konstitutionellen Deutschen Reich von 1871
Mit dem Beitritt der Süddeutschen Staaten zum Norddeutschen Bund gründete sich 1871 der Bundesstaat Deutsches Reich, der die Regelungen hinsichtlich der Einzelstaatsangehörigkeiten vom Norddeutschen Bund übernahm. Somit gab es auch in Bismarcks Reich den Reichsbürger. Entsprechend setzt Wilhelm Bazille in „Unsere Reichsverfassung und dt. Landesverfassungen“ im Jahr 1906 die Begriffe Reichangehöriger, Reichsbürger und Deutscher gleich (siehe Bild links). Das änderte sich erst am 22. Juli des Jahres 1913, nämlich mit der Verabschiedung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsrechts (RuStaG).
Anstelle des Reichsbürgerrechts trat nun mit Paragraf 1 des RuStaG die Rechtsstellung als Deutscher, die an den Besitz der Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat geknüpft ist. In Paragraf 4 des nämlichen Gesetzes wird dazu bestimmt, dass die Staatsangehörigkeit von den Eltern auf das Kind vererbt wird: Das Recht des Blutes (ius sanguinis) wurde, nach hitzigen Debatten im Reichstag, end-gültig zum gesamtdeutschen Staatsangehörigkeitsrecht. Mit dem RuStaG wurde dem Staatsangehörigen eines Gliedstaates des Deutschen Reiches das Recht eingeräumt, in jedem anderen Gliedstaat des Deutschen Reiches wie ein Einheimischer behandelt zu werden.
Was ist nun also ein sog. „Reichsbürger“?
Mit dem Reichsbürger wurde zu allen Zeiten im Deutschen Reiche der Angehörige eines deutschen Staates und damit – vom Heiligen römischen Reich deutscher Nationen bis hin zu Hitlers drittem Reich – der durch seine Abstammung der deutschen Nation zugehörige Mensch bezeichnet. Der Reichsbürger war demnach stets und zu allen Zeiten ein indigener Deutscher.
Wenn nun im gegenwärtigen, dem „besten Deutschland aller Zeiten“, Reichsbürger diffamiert und mediale Hetzjagden auf sie veranstaltet werden, dann ist das nichts anderes als die Diskriminierung eingeborener Deutscher – in ihrer angestammten Heimat.
Quellennachweis:
Dr. Ludwig Rönne – Das Staatsrecht der preußischen Monarchie
im Kapitel Staatsangehörigkeit
Erster Band, in der fünften Auflage neu bearbeitet von
Dr. Philipp Zorn, erschienen 1899 im Brockhaus Verlag, Leipzig
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ich bin mittlerweile 63 und komme einfach aus dem Staunen nicht raus,toller Artikel und ich liebe das Deutsche Reich
LG