Der Norddeutsche Bund wurde nie ratifiziert! Da die Großherzogtümer [Mecklenburgs] den Norddeutschen Bund nie ratifiziert haben, waren sie auch nicht Mitglied im Kaiserreich.
Behauptung der Feindpropaganda, verfochten zuletzt von R. St.
Widerlegung:
Für die Widerlegung dieser hanebüchenen Behauptung ist es nützlich, die deutsche Verfassungsgeschichte zu kennen und sich darin zunächst die „Augustverträge“ des Jahres 1866 vor Augen zu führen:
Am 21. August 1866 schließen sich die Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz dem Augustbündnis an, indem sie die entsprechenden Staatsverträge mit Preußen schließen. Mit 15 weiteren Verbündeten des „Deutschen Krieges“ hatte Preußen kurz zuvor, am 18. August, ebenfalls Verträge geschlossen, die nach dem Ende des „Deutschen Bundes“ die Gründung eines neuen Bündnisses zum Ziel hatten.
Zum einen beinhalteten die Verträge ein Verteidigungsbündnis, auf ein Jahr begrenzt, zum anderen sollten sie binnen Jahresfrist zur Gründung des Bundesstaates führen, der bereits im Juni 1866 anvisiert worden war. Im Augustbündnis war auch die Bildung und Wahl eines gemeinsamen Parlaments enthalten, das zur Verfassungsvereinbarung die norddeutsche Bevölkerung repräsentieren würde.
Für die Wahl dieses gemeinsamen verfassungsvereinbarenden Parlamentes brachte kein geringerer als Otto von Bismarck seine stärkste Trumpfkarte ins Spiel: Das allgemeine, freie und geheime Wahlrecht auf Grundlage des Reichswahlgesetzes von 1849.
Am 28. November 1866 verordnete der Großherzog Friedrich Franz das entsprechende Wahlreglement für Mecklenburg-Schwerin. Eingangs dieser Verordnung erklärt er, wofür dieses Wahlreglement geschaffen wird: „…auch in Unserem Lande Angeordnete zu einem Parlamente wählen zu lassen, welches berufen werden soll, um zu den unter den Verbündeten vereinbarten zwecken mit den Bundes-Regierungen eine Bundes-Verfassung zu berathen…“
Die Wahl zum konstituierenden Reichstag fand am 12. Februar 1867 statt. Das daraus hervorgehende Gremium sollte die Gründung des Norddeutschen Bundes als Bundesstaat vorbereiten. Dem Auftrag folgend beriet und beschloss das Gremium die Verfassung des Norddeutschen Bundes.
Die Wahlberechtigten Mecklenburg-Schwerins wählten im Februar 1867 in dieses verfassungsgebende Gremium die Mecklenburger Otto Wachenhusen, Edo Heinrich von Thünen, Ludwig Georg von Oertzen, Henning von Bassewitz, Karl Friedrich Wilhelm Prosch und Julius Wiggers. In Mecklenburg-Strelitz wurde Franz Pogge gewählt.
Am 29. April 1867 beruft Großherzog Friedrich Franz dann die Landstände Mecklenburgs-Schwerins, um mit ihnen die Verfassung des Norddeutschen Bundes zu beraten. (siehe Regierungs-Blatt No. 18 Mecklenburg-Schwerin vom 1. Mai 1867).
Am 25. Juni 1867 verkündet Großherzog Friedrich Franz dann in einer Publications-Verordnung, daß die Stände Mecklenburgs der Verfassung des Norddeutschen Bundes ihre Zustimmung gegeben haben und erklärt, daß dieselbe am 1. Juli 1867 in Mecklenburg-Schwerin in Kraft tritt. (siehe Regierungs-Blatt No. 27 Mecklenburg-Schwerin vom 1. Juli 1867)
Bitte sehr: Da ist die gesuchte Ratifikation, die seitens Mecklenburgs nie stattgefunden haben soll.
Die „Augustverträge“ bildeten zusammengenommen also die völkerrechtliche Grundlage für die Gründung des Norddeutschen Bundes 1867, der – erweitert um die süddeutschen Staaten – 1871 wiederum Grundlage der Gründung des Deutschen Reiches wurden. Sybel¹ fasst die Augustverträge ganz richtig zusammen:
Wir dürfen es aussprechen: im Herbste des Jahres 1866 war das Deutsche Reich gegründet.
Ausführliche Schilderung: Laband – Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Band 1, §2 Die Gründung des Norddeutschen Bundes.
Weiterführende Literatur zu Mecklenburg: Mecklenburg und die Reichsgründung – Die Politik der mecklenburgischen Regierungen 1866 – 1870-71.
¹ Heinrich von Sybel – Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. vernehmlich nach den preußischen Staatsacten, Band 5, Seite 460.
Eine brillante und für jeden nachvollziehbare Abhandlung.
Danke für diese tolle und wichtige Arbeit.
Eine sehr klar dargestellte Ausarbeitung.
So müssen wir öffentlich mit jeder Lüge umgehen,
die über das Deutsche Reich erzählt wird.
Die Wahrheit ist auf unserer Seite.
Aus dem Exil: Danke, Sascha!